Bauherrschaft | TITLIS Bergbahnen, Hotels & Gastronomie, Engelberg |
Architektur | Herzog & de Meuron |
Kostenplanung / Bauleitung | Architektur & Baumanagement AG |
Planungszeit | Seit 2017 |
Status | In Planung |
Der 3.238 Meter hohe Berg Titlis ist ein beliebtes Wintersport- und Ausflugsziel in der Innerschweiz. Nun stößt die 1967 erbaute Bergstation an ihre Grenzen und ist alles andere als nachhaltig. Die Anlage verbraucht über 90.000 Liter Heizöl pro Jahr und produziert Feinstaub, jeder Liter Wasser wird auf den Berg hoch- und Klärschlamm und Müll wieder abtransportiert. Auch ein Umbau würde daran wenig ändern, denn nach 60 Jahren Betrieb unter diesen extremen und exponierten Witterungsbedingungen ist die Nutzungsdauer in allen Belangen erreicht. Es wurde ein Teilneubau angestrebt.
Mit dem Projekt TITLIS wird die ökologische Nachhaltigkeit der Infrastruktur verbessert und ein umweltschonendes neues Bergerlebnis realisiert – ohne fossilen Energieverbrauch, ohne Feinstaub, kein 280-Tonnen-CO2-Ausstoß mehr, mit einem Abwasser- und Klärkonzept und ohne die Besucherzahlen zu erhöhen. Neu gibt es an der architektonisch als Kristall gestalteten Bergstation große Fassadenflächen, die effizient für die Gewinnung von Sonnenenergie genutzt werden können. Mit ihr wird vor allem im Sommer mit einer Snowfactory Schnee produziert, der auf die schmelzenden Gletscher aufgebracht wird. Die entstehende Abwärme wird bereits in den Übergangsphasen zur Beheizung der Gebäude genutzt. Der überschüssige Strom wird in das globale Energiekonzept eingespeist, bei dem der Speichersee als Energiepuffer dient.
Das Potenzial der bestehenden Substanz wird vollumfänglich genutzt, um eine möglichst ressourcenschonende Modernisierung umzusetzen. So wird der Gebäudekern mit dem Fundament aus Beton beibehalten und rundherum ein neues Raumvolumen aus einer räumlich tragenden Stahl-Glas-Konstruktion gebaut – der Bergkristall. Er besteht aus einem kompakten Stahlbetonverbundbau – leicht und leistungsstark zugleich, um den Anforderungen an der exponierten Lage mit der herausfordernden logistischen Situation und mit den hohen Einwirkungen aus Schnee und Wind effizient gerecht zu werden. Schräg platzierte Pendelstützen im inneren Bereich tragen als Druckelemente die Lasten aus den Deckenträgern über die Bodenplatte in den gesunden Felsen ab. Die Zugstützen an der abgehängten südlichen Fassadenscheibe fangen den Gebäudeteil ab, der über einer instabilen Felsnase auskragt. Die schrägen Druck- und Zugstützen sind so angeordnet, dass die Dachträger dieselben Feldspannweiten erhalten. Auf diese Weise ist deren Beanspruchung immer gleich. Das vereinheitlicht die Konstruktion und die anzutransportierenden Einzelteile. Es entsteht eine leichte, materialeffiziente, modulare und schnell aufgerichtete Konstruktion mit einer möglichst flexiblen Nutzung. Dabei ist der Stahlbau so vorkonfektioniert, dass alle Bauteile mit dem maximal zulässigen Gewicht und der maximal zulässigen Größe unter die Bahn angehängt und antransportiert werden können.
Auch der Richtstrahlturm, den das Militär 1983 baute und nun nicht mehr benötigt, und der Stollen, der die Gletschergrotte mit der Aussichtsplattform am Südwandfenster verbindet, werden in den Neubau eingebunden, aufgewertet und ertüchtigt. Man baut den stabilen und steifen Stahlturm nicht zurück – das wäre wenig nachhaltig –, sondern nutzt ihn stattdessen für die Öffentlichkeit – neu finden sich darin eine Bar, ein Restaurant und eine Aussichtsplattform.
Der Neubau löst ein Sicherheitsproblem, da die Felsnase neben der Bergstation wegen des Permafrostrückgangs abzurutschen droht. Die Bodenplatte, die temporär als Baubehelf über Mikropfähle in die Felsnase eingebunden wurde, muss vom Felsen getrennt werden, um die Sicherheit zu gewährleisten. Der Bund fordert diese Anpassung, um einen durchgehenden Betrieb sicherzustellen. Für den Neubau bleibt die Bodenplatte aber wie die bestehende Rotair erhalten Um jedes Kilogramm CO2 einzusparen, wird auch der für die Erstellung der Heizanlage notwendige Aushub wiederverwendet. Statt ihn abzutransportieren, wird er als Zuschlagstoff in den neuen Beton gemischt. So wird diese Bergstation zu einem Modell für nachhaltigen Bergtourismus – eine Station, die durch fortlaufende Integration neuer, umweltfreundlicher Technologien kontinuierlich auf dem neuesten Stand bleibt und somit langfristig zukunftsfähig ist.
Bauherrschaft | TITLIS Bergbahnen, Hotels & Gastronomie, Engelberg |
Architektur | Herzog & de Meuron |
Kostenplanung / Bauleitung | Architektur & Baumanagement AG |
Planungszeit | Seit 2017 |
Status | In Planung |